Behandlung von Kindern
Haben Sie sich schon einmal Gedanken über den Behandlungsvertrag des Arztes gemacht, wenn Sie mit Ihrem Kind beim Kinderarzt waren?
Jeder ärztliche Heileingriff ist ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit des Patienten. Die rechtliche Befugnis einen solchen durchzuführen und sich nicht wegen Körperverletzung strafbar zu machen, bekommt der Arzt durch die Einwilligung des Patienten.
Damit der Arzt eine medizinische Maßnahme an Ihrem Kind vornehmen darf, ist er gemäß § 630d BGB verpflichtet, eine wirksame Einwilligung einzuholen.
Bei Erwachsenen kein Problem: Sie können verstehen, welchen Eingriff an Körper und Gesundheit der Arzt vornimmt und die Tragweite der Behandlung einordnen. Dies gestaltet sich bei Ihren Kindern natürlich anders. Ein Kleinkind wird weder verstehen, was der Arzt macht, noch sich klar äußern können, ob es die Behandlung wünscht. Und auch bei Jugendlichen kommt es auf die Schwere des Eingriffs an, ob sie wirklich alleine einwilligen können.
Tipp
Daher müssen Sie individuell entscheiden, ob Sie Ihr Kind zum Arzt begleiten müssen, oder nicht.
Patienten unter 7 Jahren
Wenn Ihr Kind das siebente Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist es gemäß § 104 BGB geschäftsunfähig. Das bedeutet, dass Ihr Kind noch nicht Vertragspartner des Arztes werden kann. Es kann noch nicht selbstständig in eine Behandlung einwilligen. In diesem Fall kommt der Behandlungsvertrag zwischen dem Arzt und den gesetzlichen Vertretern (meist den Eltern) des Kindes zustande.
Patienten zwischen 7 und 18 Jahren
Wenn Ihr Kind bereits über sieben aber unter 18 Jahren ist, ist die Situation nicht mehr ganz so eindeutig. Gemäß § 106 BGB sind Kinder, die das siebte Lebensjahr vollendet haben beschränkt geschäftsfähig.
Daher stellt sich die Frage, ob beschränkt Geschäftsfähige selbstständig in die Behandlung einwilligen können und damit selbst einen Behandlungsvertrag abschließen können, ohne dass die Eltern für sie einwilligen.
Es gibt laut Bundesgerichtshof keine feste Grenze, ab welchem Alter Kinder selbst in die Behandlung einwilligen können. Laut BGH können alle Minderjährigen, die sich der Tragweite der Behandlung und der Folgen bewusst sind, selbst in die Behandlung einwilligen. Hierzu gibt es keine festen Altersgrenzen. Es kommt vielmehr auf die geistige und sittliche Reife des jeweiligen Minderjährigen an. Diese individuelle Einschätzung muss bei jedem Minderjährigen neu vorgenommen werden. Gängige Praxis ist es, bis zur Vollendung des 15. Lebensjahres die Einwilligung der Eltern einzuholen. Erst danach können Minderjährige, abhängig von der Schwere des Eingriffs und ihrer persönlichen Einsichtsfähigkeit, möglicherweise selbst einwilligen.
Ist die Einwilligung eines Elternteils ausreichend?

Grundsätzlich ist es so, dass beide sorgeberechtigten Elternteile in die Heilbehandlung ihres Kindes einwilligen müssen. Heißt das nun für Sie, dass Sie immer gemeinsam mit Ihrem Ehepartner zum Kinderarzt gehen müssen? Im Alltag wäre das ziemlich unpraktikabel. Daher haben die Gerichte Ausnahmefälle entwickelt, in denen die Einwilligung eines Elternteils in die Behandlung des Kindes ausreicht:
1.Routinefälle
In Routinefällen, darunter fallen unter anderem Vorsorgeuntersuchungen und leichtere Erkrankungen, geht der Bundesgerichtshof davon aus, dass die Einwilligung des erschienenen Elternteils in die Heilbehandlung ausreicht.
2. schwerere Fälle
Bei Eingriffen, die über eine Routineuntersuchung hinausgehen, mit nicht unbedeutenden Risiken, muss sich der Arzt vergewissern, dass Sie als anwesender Elternteil die Ermächtigung Ihres Partners haben, die Einwilligung zu erteilen. Dabei darf der Arzt Ihrem Wort vertrauen und davon ausgehen, dass Sie ihm wahrheitsgemäße Auskunft erteilen. Erteilen Sie dann "alleine" die Einwilligung zur Behandlung, ist diese rechtswirksam. Der Arzt wird dies in seinen Akten dokumentieren. ( BGH, Urteil vom 15.06.2010 - VI ZR 204/09 )
3. Fälle mit erheblichen Risiken
Geht es um schwerwiegende Entscheidungen bei der Behandlung Ihres Kindes, wie beispielsweise komplizierte Operationen, die mit erheblichen Risiken für die Gesundheit verbunden sind, wird die Einwilligung beider Elternteile erforderlich. Es kann nicht unterstellt werden, dass Ihre Einwilligung in eine Operation genügt. Auch der nicht anwesende Elternteil muss mit der Behandlung einverstanden sein. Bei schweren Operationen wird die Vorbesprechung daher mit beiden Elternteilen geführt.
Tipp
Natürlich gilt immer: Ist nur ein Elternteil sorgeberechtigt, reicht dessen Zustimmung ohne weiteres aus.
Wichtige Vorschriften
§ 104 BGB Geschäftsunfähigkeit
§ 106 BGB Beschränkte Geschäftsfähigkeit Minderjähriger
§ 630d BGB Einwilligung