... oder Heimweh nach Balkonien
Was Sie bisher erlebt haben, ist so schlimm, dass es Ihnen daheim niemand glauben wird. Sie sehnen sich sogar schon nach Ihrem Schreibtisch im Büro. Der ganze Sinn der Reise ist verloren. Ein Fall für Schadenersatz. Er setzt dreierlei voraus:
Reisevertrag Reisemangel Mängelanzeige
Folge: Schadenersatz Für den Schadenersatzanspruch kommen nun noch zwei weitere Voraussetzungen hinzu: 1. Reise vereitelt oder erheblich beeinträchtigt? Ganz klar
vereitelt
ist Ihre Reise, wenn sie der Reiseveranstalter zum Beispiel komplett absagt. Ob die Reise
erheblich beeinträchtigt
ist, ist für jeden Einzelfall zu prüfen. Haben Sie vielleicht einen Urlaub mit französischer Gourmetküche gebucht und Sie bekommen jeden Tag Tiefkühlpizza serviert, so ist die Sache eindeutig: die Reise ist erheblich beeinträchtigt. 2. War die aufgewendete Urlaubszeit wertlos? Die
aufgewendete Urlaubszeit
muss für Sie insgesamt oder überwiegend
wertlos
gewesen sein. Das bedeutet, dass der Zweck der Reise für Sie völlig verfehlt wurde. Etwa 50 % kalkulieren die Gerichte pro Tag für diesen Anspruch, ziehen davon allerdings den so genannten Resterholungswert ab, den Sie daheim auf dem Balkon erreicht hätten. Die konkrete Höhe des Schadenersatzanspruchs wird jedoch höchst uneinheitlich beurteilt. Mit in die Beurteilung fließen nicht nur der Reisepreis und die Art und Schwere der Beeinträchtigung, sondern auch das Verschulden des Reiseveranstalters und Ihr mögliches Mitverschulden. Den
Schadenersatzanspruch
wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit können Sie übrigens neben einer
Minderung
oder
Kündigung
wegen Mangels geltend machen.
Dies gilt auch, wenn Sie vor Reisebeginn eine Ersatzreise buchen. Die Buchung der Ersatzreise hat keine Auswirkungen auf den Entschädigungsanspruch wegen vertaner Urlaubszeit, so LG Köln, Urteil vom 23.05.2017, Az. 11 S 117/16. In der verhandelten Angelegenheiten erfuhren die Beteiligten zwei Wochen vor Reisebeginn, dass der Rückflug zwei Tage vorher stattfinden sollte. Zudem sei bei dem Hinflug noch eine Zwischenübernachtung in Muscat eingeplant worden. Die Urlauber kündigten den Reisevertrag und buchten eine andere Reise. Die Mehrkosten für die Ersatzbuchung und 50% des Reisepreiseses für nutzlos aufgewendete Urlaubszeit sprach das Gericht zu.
In einer Entscheidung hat der BGH einem Paar eine Entschädigung in Höhe von 73 % des Reisepreises zugesprochen. Den Reisenden war drei Tage vor Antritt der Kreuzfahrt mitgeteilt worden, dass sie wegen Überbuchung nicht daran teilnehmen könnten. Das Paar nahm sich für den Zeitraum der Kreuzfahrt einen Mietwagen und erkundete Florida. Sie wollten aber zu den 73 % des Reisepreises als Entschädigung noch die Kosten für den Mietwagen erstattet bekommen. Eine höhere Entschädigung als 73 % könne nur beansprucht werden, wenn die Reise vereitelt worden wäre, weil sich die geplante Reise so nicht mehr nachholen ließe (Urteil des BGH vom 29.05.2018, Az. X ZR 94/17). Das Paar erhielt 73 % des Reisepreises als Entschädigung, nicht mehr.