Gewährleistung bei Mängeln
Schon sieben Monate nach dem Kauf des Neuwagens vernehmen Sie alarmiert rhythmisches Klopfen und dumpfes Dröhnen aus den Autoeingeweiden? Ihr Autohändler hebt zu Ihrem Wunsch auf kostenlose Reparatur bedauernd die Schultern?
Die Verjährung
Nach dem 1. Januar 2002 ist die vertragsrechtliche Götterdämmerung einem verbraucherfreundlicheren Sonnenaufgang gewichen. Das ist für Sie als Neuwagenkäufer besonders erfreulich, denn die Dauer der Verjährung ist deutlich verlängert worden.
Was bedeutet eigentlich Verjährung für Sie als Käufer?
Nach Ablauf der Verjährungsfrist können Sie Ihre Rechte nicht mehr geltend machen. Je länger daher die Verjährungsfrist, desto günstiger ist die Situation für Sie. Seit dem 1. Januar 2002 beträgt die Verjährungsfrist für Gewährleistungsansprüche ab Auslieferung des Fahrzeugs zwei Jahre.
Übrigens...
Der Händler kann gegenüber einer Privatperson die zweijährige Verjährungsfrist nicht aufgrund einer Vereinbarung im Kaufvertrag über einen Neuwagen verkürzen.
Bei Mängeln innerhalb der ersten sechs Monate nach dem Kauf geht der Gesetzgeber davon aus, dass der Mangel bereits bei Auslieferung des Fahrzeugs bestand. Will der Verkäufer jetzt von der Haftung loskommen, muss er Ihnen das Gegenteil beweisen. Juristen nennen das Beweislastumkehr.
Ein "Mangelhaft" für Ihren Neuen?
Wenn Sie einen Neuwagen kaufen, dürfen Sie davon ausgehen, dass das Fahrzeug dem entspricht, was Sie vertraglich vereinbart haben. Es muss also die vereinbarte Beschaffenheit aufweisen.
Liefert Ihr Händler daher ein rotes statt wie vereinbart ein blaues Fahrzeug, so ist das ein Mangel.
Das hat auch der Bundesgerichtshof (BGH) bestätigt (Urteil vom 17.02.2010 - Aktenzeichen VIII ZR 70/07). Die Lackfarbe bestimme maßgeblich das Erscheinungsbild eines Fahrzeugs und gehöre deshalb zu den maßgeblichen Gesichtspunkten der Kaufentscheidung des Käufers.
Auch wird in der Regel mit der Bestellung eines Neuwagens schlüssig vereinbart, dass das Fahrzeug fabrikneu ist.
Haben Sie nichts vereinbart, so ist die nach dem Vertrag vorausgesetzte beziehungsweise die gewöhnliche Verwendung ausschlaggebend. So ist beispielsweise ein Mangel gegeben, wenn Ihr Neuwagen nicht zuverlässig bremst oder den Belastungen des täglichen Gebrauchs nicht gewachsen ist.
Technische und optische Unzulänglichkeiten gelten ebenso als Sachmängel Ihres Neuwagens wie nicht eingehaltene Werbeaussagen. Hat zum Beispiel Ihr "Drei-Liter-Auto" einen erheblich ausgeprägteren Kraftstoffdurst, können Sie dies als Mangel geltend machen.
Ein "Sehr gut" für Ihre Rechte!
Der Ärger über Mängel am Neuwagen überwiegt Ihr Fahrvergnügen?
Die Chance - Nacherfüllung
Hat der Händler Ihnen ein mangelhaftes Fahrzeug geliefert, können Sie von ihm Nacherfüllung verlangen. Der Verkäufer erhält damit die Chance, doch noch eine vertragsgerechte Leistung zu erbringen.
Dabei können Sie wählen zwischen der fachgerechten und für Sie kostenfreien Reparatur des Mangels oder der Lieferung eines mangelfreien Neuwagens. Der Verkäufer darf die Lieferung eines mangelfreien Fahrzeugs nur ablehnen, wenn der Fehler mit minimalem Reparaturaufwand zu beseitigen ist oder die Mängel unbedeutend sind. Hier findet eine Interessenabwägung statt. Steht aber ein Sachmangel fest, muss der Verkäufer diesen auf jeden Fall beheben.
Die Frist
Setzen Sie dem Händler einen Termin, bis zu dem ihm die Nacherfüllung möglich sein sollte, also entweder
- die Reparatur durchführen zu lassen oder
- bei gravierenderen Mängeln Ihnen einen anderen Neuwagen zu besorgen.
Beim sogenannten "Montagsauto"...
... muss der Käufer sich nicht auf eine Nacherfüllung einlassen. Ist das Fahrzeug wegen seiner herstellungsbedingten Qualitätsmängel fehleranfällig und damit insgesamt mangelhaft und ist zu befürchten, dass es auch zukünftig nicht frei von herstellungsbedingten Mängeln sein wird, ist die Nacherfüllung für den Käufer unzumutbar und eine Fristsetzung entbehrlich. Dies gilt aber nicht bei Problemen, die lediglich die Optik und Ausstattung des Fahrzeugs betreffen und damit zwar lästig sind, aber nicht die technische Funktionsfähigkeit des Fahrzeugs betreffen. Das hat der BGH entschieden (Urteil vom 23. Januar 2013 - Aktenzeichen VIII ZR 140/12).
Die Entscheidung - Ihre Rechte
Lässt der Händler die Frist ergebnislos verstreichen, lehnt er eine Reparatur bzw. Nachlieferung ab oder sind zwei Reparaturversuche erfolglos geblieben, stehen Ihnen folgende Rechte zur Auswahl:
Rücktritt
Wenn Sie das mangelhafte Fahrzeug nicht behalten wollen, können Sie es zurückgeben und erhalten im Gegenzug vom Verkäufer den Kaufpreis. Hierfür muss aber eine erhebliche Pflichtverletzung des Verkäufers (oder anders: ein erheblicher Mangel) vorliegen.
Bedenken Sie, dass die Rücktrittsvariante nicht kostenlos ist. Den Vorteil der Nutzung eines Neuwagens müssen Sie ersetzen. Die Gerichte veranschlagen diesen mit etwa 0,7 Prozent des Neupreises je eintausend gefahrene Kilometer.
Minderung
Statt zurückzutreten, können Sie das mangelhafte Fahrzeug behalten und den Kaufpreis entsprechend der Wertminderung durch den Mangel herabsetzen. Der Minderungsbetrag ist soweit erforderlich zu schätzen.
Schadensersatz
Neben Rücktritt oder Minderung können Sie Schadensersatz geltend machen, etwa den Ersatz des Minderwerts oder die Reparaturkosten für eine Mängelbeseitigung.
Was Sie sonst noch geltend machen können:
Auch wenn der Verkäufer das Fahrzeug kostenfrei repariert, ist damit noch nicht gewährleistet, dass Sie völlig unbeschadet aus der unerfreulichen Angelegenheit herausgehen. Unter Umständen müssen Sie zum Beispiel das defekte Fahrzeug abschleppen lassen, einige Telefonate führen oder sich für die Dauer der Reparatur einen Mietwagen nehmen.
Diese Kosten können Sie als Schadensersatz vom Verkäufer ersetzt verlangen, auch wenn der Verkäufer Nacherfüllung leistet.